Drucken

Besser Blankbogen schiessen

Besser Blankbogen schiessen

Besser Blankbogenschießen

Ein Beitrag von Peter Lange, Feldbogenschütze und Bundestrainer

 

Ohne Visier, ohne Stabilisation und ohne Auszugkontrolle erzielt eine große Zahl der weltbesten Bogenschützen hervorragende Ergebnisse, nur das man ihnen die Anerkennung nicht zukommen lässt, die sie eigentlich verdient haben.

 

Sie erhalten kaum Unterstützung und erscheinen, wenn überhaupt, nur als Randnotiz zu den Erfolgen in der olympischen- oder Compound Disziplinen. Aufmerksamkeit erhalten sie meistens nur, wenn alle zwei Jahre die

WA-World Field-Championchips stattfinden.

 

Dabei erhalten, zumindest bei uns, die Vereine immer mehr Zulauf durch Blankschützen. Die Gründe hierfür sind unterschiedlich. Zum einen ist da der finanzielle Aspekt, denn man braucht eben kein teures Zubehör.

Dann ist da die Faszination des Ursprünglichen, die einen gewissen Reiz ausübt. Dazu haben sicher auch einige Filme und Fernsehserien der letzten Jahre wie „Herr der Ringe“, „The Hunger Games“ oder „Arrow“ beigetragen. Nur würde leider niemand etwas treffen, wenn man so schießen würde, wie in diesen Filmen dargestellt.

 

In den USA erfreuen sich die Blankschützen einer größer werdenden Anerkennung. Wenn man sich das Finale der Lancaster Archery Classics oder Las Vegas anschaut und vor allen Dingen dem Kommentar lauscht, stellt man fest, dass die Blankschützen immer größere Beachtung finden, was sich auch z.B. in Preisgeldern bis 10000 Dollar widerspiegelt.

 

Es ist aber auch klar zu erkennen, dass die Blankschützen hier mit präzise für diese Disziplin getunten Bögen und einer sauberen, systematischen und reproduzierbaren Schießtechnik zu Werke gehen.

 

Hier findet kein verklärender Bogen- Voodoo, kein esoterischer „..werde eins mit dem Pfeil“ Hokus Pokus statt. Diese Leute wollen etwas treffen und dies mit im Rahmen des Regelwerks größt möglicher Präzision.

Dies erfordert aber genaue Kenntnisse der Regelwerke, eine biomechanisch optimierte Schießtechnik und natürlich richtig aufeinander abgestimmtes Material.

 

Wenn man sich Ergebnisse von Erik Jonsson (S) oder John Demmer (USA) der letzten WM Feld mit 699 bzw. 701 anschaut, die internationale Quali- Ringzahl mittlerweile bei 664 liegt und gleichzeitig sieht, das bei uns nur ganz wenige die 600 übertreffen, muss man sich fragen: „Was machen die anders?“ 

 

Es liegt wohl vor allen Dingen an der Ausbildung.

Leider gibt es in unseren Vereinen kaum Trainer, die mit Blankbogen etwas anfangen können, da sich die Ausbildung dieser im DSB nach Vorgabe des DOSB auf die olympischen Disziplinen konzentriert.

Im DFBV findet die Ausbildung Stilart übergreifend statt, nur ist sie noch neu und muss erst mal greifen. Hier stellt sich natürlich auch die Frage, ob die Vielzahl der Stilarten sich fürs Blankschießen als hilfreich erweisen.

Tatsache ist, dass sich bei uns die meisten Blankschützen das Schießen durch Trial and Error selbst beigebracht haben und deshalb mit vielen „Fehlern“ belastet versuchen klar zu kommen. Jeder kocht sein eigenes Süppchen und es wird, wenn überhaupt, nur gefährliches Halbwissen verbreitet.   

 

In diesem Artikel möchte ich nun ein paar Grundlagen darlegen, die zum erfolgreichen Blankschießen erforderlich sind. Dies betrifft sowohl die Schießtechnik und Materialauswahl bzw. -abstimmung.

 

Blankbogen sind zunächst einmal Bögen ohne Visier. Darunter fallen historische Bogen, Langbogen, traditionelle Jagdbogen und Sportbogen. Diesmal beschäftigen wir uns ausschließlich mit dem „blanken“ Sportbogen.

 

Hierfür habe ich einige Tests durchgeführt, um die folgenden Aussagen zu belegen.

 

Um die Präzision zu erreichen, die für international geforderte Ergebnisse notwendig ist, kommt man um die Abgreifmethode, dem Stringwalking nicht herum.   

Der klare Vorteil des „Stringwalkings“ liegt darin, das man immer das gleiche Zielbild (Spitze im Gold) hat. Die von den unterschiedlichen Entfernungen abhängigen Haltepunkte (Gap- Schooting) werden im Prinzip auf die Sehne übertragen, indem man die Sehne in entsprechenden variablen Abständen unterhalb des Pfeils greift.

 

bb-kurz-k

(kurze Entfernung)  

bb-lang-k                                       
(weite Entfernung)

 

Dabei muss klar sein, dass der Bogen in seiner Abstimmung „vergewaltigt“ wird. Um einen best möglichen Kompromiss zu erzeugen, sollte der Abstand der Abgriffe zwischen kürzester und weitester Entfernung so klein wie möglich gehalten werden. Also nicht mehr als eine Tabbreite. Hierfür ist es wichtig, den Ankerpunkt nicht zu tief zu wählen. Grundsätzlich sollte die Zughand im Anker wie beim Visierschießen einen festen Block bilden. Am Besten eignet sich dafür der Absatz vom Wangenknochen zum Oberkiefer. Man legt also den Knöchel des Zeigefingers unter den Wangenknochen, der Daumen verschwindet dabei unter dem Unterkiefer.

 

Peter1-k

 

So erzeugt man einen festen Block, die Sehne liegt an der Nase an und damit ist auch der Sehnenschatten an der richtigen Stelle.

Dies ist der Abgriff für die kürzeste Entfernung (5m).Der Pfeil liegt hier direkt vor dem Auge, man zielt am Pfeil entlang auf die zu treffende Stelle. Sollte die Trefferlage hier, wie im folgenden Bild, höher liegen so liegt das oft an einer zu steifen Auflage!

 

Gruppe1-k

 

Meistens werden die Bögen mit einer Magnetauflage verkauft. Diese ist durch den Federstahlfinger sehr robust und funktioniert bis zu einem gewissen Grad recht gut. Aber bei den kurzen Entfernungen kann sie ein Problem sein, denn man kommt mit den Abgriffen nicht mehr hin und muss tief anhalten. Unter dem Pfeil herschauen funktioniert nicht.

Die Ursache hierfür liegt an den Folgen des Abgriffs beim Abschuss.

Wenn man sich folgendes Video auf Youtube (https://www.youtube.com/watch?v=Cr0475FzOlo) anschaut, sieht man, das der Pfeil nach einigen Zentimetern Beschleunigung einen deutlichen Impuls nach unten gegen die Auflage bekommt und dann bis zu einem Zentimeter nach oben katapultiert wird.

Dieser Effekt wird größer, je tiefer man abgreift.

Das führt dazu, das man im Feld gerade bei den einfachsten Entfernungen einen Kompromiss zwischen Abgriff und Anhalten (Gap) eingehen muss.

Eine Einstellung und Material welches ermöglicht, auch auf die kürzeste Entfernung genau reinzuhalten, wäre viel besser und sicher wünschenswert. (Das gibt mehr Punkte)

 

gruppe2-k 

 

Abhilfe bringt hier eine simple Kunststoffauflage wie die Hoyt Superrest oder die Beiter Auflage. Diese dämpfen den Impuls des Pfeils und verhindern das Hochspringen. Man muss sich das vorstellen wie bei einem Flummi; auf harten Betonbogen springt er sehr hoch, auf Teppich bleibt er fast liegen.

Viele Weltklasseschützen schießen deshalb eine simple Plastikauflage.

 

Auflage1-k  Auflage2-kAuflage3-k

 

Man sollte immer bedenken, dass man in der Feld- Arrowhead Runde den größten Teil der möglichen Punkte auf den kurzen Entfernungen schießt.

Fasst man die Entfernungen auf 20er und 40er Auflagen zusammen, schießt man die Hälfte aller Scheiben auf durchschnittlich 13,2m! Nimmt man noch die 60er dazu schießt man dreiviertel aller Scheiben auf durchschnittlich 18,5m.

 

Ergebnistaktisch ist es also logisch, bei der Abstimmung des Bogens und auch im Training die Priorität auf die kürzeren Entfernungen zu legen.

Hier müssen die Pfeile gruppieren! Dazu müssen sie das Bogenfenster und Auflage passieren ohne anzuschlagen.

Leider hat sich bei uns die Theorie festgesetzt, dass durch das Abgreifen der Tiller verändert bzw. angepasst werden muss, da ja der untere Wurfarm stärker vorgespannt wird. 

Wenn man sich aber Zeitlupenaufnahmen des Abschusses mit Abgriff anschaut, sieht man, dass erst der untere Wurfarm anzieht, bis der untere mit dem oberen Sehnenteil einen Kraftschluss hinter dem Pfeil bildet. Erst dann setzt sich der Pfeil in Bewegung. Diese Position ist für den Tiller relevant.

 

Viele Blankschützen bekommen ihre Bögen aber mit Null- Tiller oder sogar negativen Tiller geliefert bzw. eingestellt. Die garantierte Folge davon sind dann Kampfspuren am Bogen durch den Abrieb der Befiederung. Ein ordentlicher Pfeilflug, vor allen Dingen auf den ganz kurzen Entfernungen, ist dadurch unmöglich. Hier gehen die Punkte verloren!

Ich habe mir die Einstellung etlicher Bögen von Topschützen bei Welt- und Europameisterschaften angeschaut.

Die meisten schießen einen ganz normalen Tiller von 3-6mm und eine Nockpunkthöhe zwischen 10 und 12mm.

 

Wichtig ist, dass der Anker nicht zu tief, z.B. am Unterkiefer liegt, denn dadurch muss man auf den kurzen Entfernungen extrem weit abgreifen, was sich negativ auf den Pfeilflug auswirkt.

 

Viele werden argumentieren, dass sie aber nur mit tiefem Anker auf die maximalen Entfernungen kommen. Hier kann ich nur wieder darauf hinweisen, dass sich der größte Teil der des Turniers auf den kurzen Distanzen abspielt.

Der Bogen, den ich für die Tests verwendet habe, hat 34 lbs. Damit kam ich locker auf die 50m bei einem Abgriff von 6mm. Die kürzeste Entfernung ergab einen Abgriff von 55mm.

Wenn man also aufgrund der Wurfleistung und Anker am Wangenknochen nur auf 45m kommt, ist es besser, auf 50m hoch anzuhalten, als den Anker zu verändern, denn die 50m schießt man nur ein einziges mal am Tag!

Taktisch kann man es sich das leisten, denn man verliert hier nicht soviel.

Wenn man die kurzen Scheiben (Bunnys und Herdplatten) beherrscht, hat man schon die halbe Miete. Und auch die 60er steht schon ab 15m.

 

Wer erfolgreich im Feld schießen möchte, muss die kurzen Distanzen beherrschen, dann klappt es auch mit den Langen.    

 

 

 

Der Blankbogen und das Regelwerk

 

Seit Jahren erfährt der Bogensport in Deutschland starken Zulauf. Interessanterweise wächst die Zahl der Blankbogenschützen in den Vereinen und damit auch bei den Meisterschaften. Viele Bogensportler suchen den Einstieg in diesen schönen Sport mit dem Blankbogen und dessen Varianten.

Die Gründe dafür sind durchaus verschieden, aber die Meisten sehen hier die kostengünstigste Möglichkeit, Bogen zu schießen.

Leider gibt es noch zu wenig Vereine mit ausgebildeten Trainern und selbst wenn Lizenztrainer da sind, kennen sie sich mit dem Blankbogen nicht aus.

Die Trainerausbildung unter Vorgaben des DOSB / DSB beschränkt sich auf den olympischen Bereich; Compound- und Blankbogen sind dort nicht berücksichtigt.

Aber hier soll nachgebessert werden. Die Lehrmappe zur C-Trainerausbildung soll auch diesbezüglich überarbeitet werden.

Im DFBV sieht das anders aus, aber hier muss die Trainerausbildung der Lizenzstufe 1 und 2 erst greifen, da man erst vor zwei Jahren damit begonnen hat.

Erschwerend kommt hinzu, das im Regelwerk des DFBV / IFAA verschiedene Blankbögen berücksichtigt werden, wie z.B. Barebow, Bowhunter, Traditionell Recurve Bow, Longbow etc.

Die Vielzahl der Stilarten und das Schießen in mehreren Verbänden hat zur Folge, dass die meisten Blankschützen schlecht bzw. gar nicht ausgebildet schießen und oft gar nicht wissen, dass sie unter Umständen mit regelwidrigem Material an den Start gehen. Denn was in einem Verband erlaubt ist, kann im Anderen durchaus verboten sein.   

Deshalb ist es erst einmal wichtig zu wissen, in welchem Verband man zur Meisterschaft antritt und welche Regeln hier greifen.

Die Meisterschaften des Deutschen Schützenbundes und dessen Mitglieder werden nach der geltenden Sportordnung des DSB geschossen, die sich am Regelwerk der Worldarchery (WA) orientiert.

Ein Blankbogen nach WA ist zunächst ein „nackter“ Recurvebogen, eben blank, ohne Anbauteile, die zur Stabilisation und / oder zum Zielen dienen. Es dürfen nur Zusatzgewichte ohne Dämpfer oder Gelenke unterhalb der Mitte am Mittelteil angebracht werden.

Eine Pfeilauflage (auch verstellbar) und Plunger (Button) sind erlaubt.

Das Ganze muss dann durch einen Ring mit 122mm Durchmesser passen. Der Ring kann bei der Bogenkontrolle gekippt werden, wichtig ist, dass der Bogen irgendwie da durch passt.

Eine ein- oder mehrfarbige Sehne ist erlaubt, jedoch muss die Mittenwicklung einfarbig sein und außerhalb des Blickfeldes oberhalb der Augenbraue enden. Und zwar bei egal welchem Abgriff!

Die Sehne und Mittenwicklung darf auf keinen Fall Markierungen, Lücken, herausragende Fäden etc. aufweisen, die als Ziel- oder Abgriffhilfe dienen könnten!

Leider sind fast alle handelsüblichen Sehnen mit einer Mittenwicklung für den Visierbogen ausgestattet, die im oberen Bereich zu kurz und damit regelwidrig ist. Das Argument: „…die habe ich so beim Fachhändler bekommen!“ zieht hier leider nicht. Also beim Kauf oder Bestellung immer darauf hinweisen, dass man damit Blank schießen will. Noch besser wäre natürlich selber machen!

Es sind zwei Nockpunktbegrenzer erlaubt. Diese sollten natürlich so angebracht sein, dass sie tatsächlich den Nock des Pfeils auf der Sehne fixieren, also dicht am Nock liegen. Ein unterer Nockpunkt, der ein oder zwei Zentimeter vom Nock entfernt liegt, sind nichts anderes als eine Abgriffmarkierung und damit regelwidrig wie auch Mund und Nasenmarkierungen (Kisser).

Ein mehrfarbiges Mittelteil ist erlaubt. Im Bereich des Bogenfensters darf es aber keine Flecken, Markierungen, Beschriftungen, Schrauben etc. aufweisen, die als Zielhilfe dienen könnten! Sollte dies der Fall sein, muss der Bogen in diesem Bereich mit einem einfarbigen Tape vom Griff bis zur Wurfarmtasche abgeklebt werden. 

Eine Auszugskontrolle, egal welcher Art, ist verboten.

Das Tab darf keine Vorrichtung haben, dass das Ziehen, Halten und Lösen der Sehne erleichtert, sehr wohl aber einen Fingerteiler und eine Ankerplatte. Die Nahtstiche müssen einfarbig und gleichförmig in Größe und Abstand sein. Geprägte Markierungen an der Tabplatte müssen, was Größe, Form und Farbe angeht, gleich sein. Zusätzliche Markierungen wie z.B. alle fünf Striche oder Knoten einen Punkt, sind verboten. Wer also irgendetwas am Tab verändert, um seine Abgriffe besser zu finden, verhält sich regelwidrig. Auch eine Aufzeichnung, z.B. eine Fotokopie des Tabs auf dem die Entfernungsabgriffe markiert sind, ist verboten.

Alle Pfeile müssen identisch sein!

 

Wenn wir jetzt den Blankbogen im DFBV / IFAA betrachten, finden sich erhebliche Unterschiede. Der Barebow- (nicht Bearbow) Recurve ist hier ganz einfach ein visierloser Bogen! Er darf nur keine Zielhilfen aufweisen, also z.B. Teile der Auflage die oberhalb des Pfeils ins Bogenfenster ragen.

Fast alles Andere ist erlaubt. Natürlich muss er mit einem Tab oder Schießhandschuh geschossen werden. Hier gibt es aber keine Einschränkungen, was z.B. Markierungen angeht.

Am Bogen darf eine komplette Stabilisation mit langem Monostabi und Spinne angebracht sein.

Man darf eine Auszugskontrolle und auch eine Wasserwaage verwenden, die aber so angebracht sein müssen, das sie nicht als Zielhilfe dienen können.

Wer also bisher in der Stilart BBR (Barebow Recurve) des DFBV gestartet ist, muss seinen Blankbogen unter Umständen schwer „abrüsten“, um an einer Meisterschaft des DSB oder WA teilzunehmen. Umgekehrt würde ein WA Blankbogen aber immer beim DFBV / IFAA durchgehen.

 

Wer sich also überlegt, in beiden Verbänden zu schießen, ist gut beraten, sich seinen Bogen nach WA Regelwerk zu gestalten, denn ein ständiger Wechsel des Materials ist sicher nicht förderlich.

 

Peter Lange